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  Albert Einstein im Porträt
 
*"Obwohl Einstein es nicht leiden konnte, öffentlich aufzutreten, und es haßte, im Rampenlicht zu stehen, tat er doch alles, um seinen guten Freunden einen Gefallen zu tun. Ich werde z.B. nie den Vorfall vergessen, als er, gegen den Rat unserer Familie, plötzlich auf einer unserer grossen Hochzeitsfeiern im Plaza Hotel in New York auftauchte. Er erschien mit der Naivität eines kleinen Schuljungen, mit einer zerknitterten Mütze auf dem Kopf, in einem einfachen Anzug und - für ihn höchst ungewöhnlich - mit einem Binder. Natürlich verursachte seine Gegenwart eine ziemliche Aufregung, bis wir ihn schliesslich in die Brautsuite nach oben bringen mussten, wo er seine Ruhe hatte.

Wenn aber alle Abschirmungenversagten, konnte Einstein oft doch noch recht freundlich bleiben. Ich denke an die Zeit, als mein Bruder krank im Bronx Veterans Hospital lag und Einstein sich entschloss, ihn zu besuchen. Die Nachricht sickerte durch, und als er ankam, hatte sich eine beachtliche Menge zusammengefunden, ihn zu begrüßen. Unter den Wartenden war auch der Krankenhausrabbiner, der zu gern Einstein treffen wollte.Als der erschien und dem Rabbi die Hand schüttelte, entschuldigte dieser sich überschwenglich und meinte, er hätte kein Recht, in Einsteins Privatleben einzudringen. Doch der unterbrach die Entschuldigung des Rabbis und sagte: "Oh, nein, Sie haben das Recht. Immerhin arbeiten Sie für einen sehr wichtigen Boß!"
 
 
Es verwunderte mich immer wieder, was Leute so anstellten, um Einstein zu treffen oder mit ihm zu reden. Viele Methoden wurden augsgebrütet, oft wurde Einsteins wohlbekannte Gutherzigkeit ausgenutzt, und sogar Leute, die selbst berühmt waren, taten es. Ich erinnere mich beispielsweise an die populäre Sängerin Eartha Kitt, die wildentschlossen war, den Professor zu treffen. Als sie rkannte, wie schwierig es war, bot sie schliesslich an, mehrere tausend Dollar für die bevorzugte Wohlfahrtseinrichtung des Professors zu spenden - als Anreiz für ihn, sich für ein Treffen erweichen zu lassen. Doch trotz dieser grosszügigen Geste hielt Einsteinan seiner Weigerung fest - er wollte einfach nicht ein Objekt der Bewunderung oder der Neugierde sein.
 
 
Einstein hatte nichts gegen Reichtum - er hatte eine ganze Reihe wohlhabender Freunde. Der Professor verließ sich hier auf sein Gefühl, ob es dem Betreffenden um echte Freundschaft ging oder ob er die Verbindung nur als einen Weg betrachtete, Publizität zu gewinnen. Einer von Einsteins engen wohlhabenden Freunden war der Inhaber von Breyers Ice Cream Company, den er auf einer Fahrt mit dem Fährschiff zwischen Manhatten und New Jersey kennengelernt hatte. Irgendwie kam die Unterhaltung auf das Thema Eiscreme und Einsteins große Neigung für dieses harmlose Laster. Danach erhielt der Professor für den Rest seines Lebens jeden Monat eine Lieferung von fünfundzwanzig Litern verschiedener Sorten Breyers Eiscreme.

Einstein ärgerte sich zutiefst, wenn sogenannte >Freunde< ihn in ihr Haus einluden, nur um ihn anderen Freunden vorzuzeigen. Und es war nicht leicht, Einstein hierin zu täuschen.
 
   
 
Solange ich Einstein kannte, verfolgte ihn dieses Problem der Publizität, wo immer er hinging. Ich erinnere mich an einen anderen Vorfall, der sich um den Flughafen in Newark drehte. Ich fuhr Einstein von Manhatten zurück nach Princeton. als wir am Flughafen in Newark vorbeifuhren, wurde er plötzlich gesprächig und interessierte sich plötzlich für den Flughafen. Er wollte unbedingt das Gebäude besichtigen und bat mich, einen Umweg zu machen. Nun, innerhalb weniger Minuten nach seiner Ankunft auf dem Gelände machte es überall die Runde: "Einstein is here." Nach ganz kurzer Zeit tauchte wer auf? Der Bürgermeister von Newark selbst! Er wollte Einstein in New Jerseys größter Stadt begrüßen. Natürlich hatte re die BAsicht, die jeder Politiker hat: Dass die Popularität grosser Persönlichkeiten auf in abfärben möge, wenn er sich mit ihnen zeige.

Einsteins Abneigung gegen Publizität geriet oft in Konflikt mit seiner natürlichen Neigung, zu einfachen Leuten freundlich zu sein. Es war beispielsweise für ihn sehr schwierig, Autogramme zu verweigern, obwohl er gleichzeitig diese Prozedur hasste. Als wir mit unserer Familie auf dem Weg nach Watch Hill, Rhode Island, waren, hatte unser Wagen in New London, Conecticut, eine Panne. Wir mussten an einer örtlichen Werkstatt halten, um den Wagen reparieren zu lassen, und wie gewöhnlich dauerte es nicht lange, bis sich Einsteins Anwesenheit herumgesprochen hatte. Aus dem Nichts, so schien es, tauchte ein Schwarm von Teenagern an der Werkstatt auf, bewaffnet mit Federhaltern und Papier, um Einsteins Autogramm zu erhalten. Mit einer fragenden Geste wandte sich Einstein zu mir, was bedeutete: Wie komme ich aus dieser Situation nur heraus? Schnell entschlossen sagte ich zu ihm: "Unterzeichnen Sie doch beim ersten mit irgendeinem anderen Namen." Genau das tat er auch - und zu unserem Erstaunen verschwand, erregt diskutierend, der ganze Haufen Teenager. Ein andermal, unter ähnlichen Umständen, schlug ich Einstein vor, er solle seinen namen bei jedem Autogramm immer kleiner schreiben, bis er schliesslich nicht mehr zu lesen wäre. Auch das hatte den Erfolg, die Menge schnell zu zerstreuen.

Einmal erzählte mir der Professor folgende Geschichte: Bei irgendeiner öffentlichen Veranstaltung saß er neben einem Halbwüchsigen, der - wie erfrischend für Einstein - die Berühmtheit an seiner Seite nicht erkannte. Der Professor verwicklete den Jungen in eine Unterhaltung, und nach einer Weile fragte ihn der: "Was ist Ihr Beruf?" Einstein erwiderte: "Das Studium der Physik." Sichtlich schockiert rief der Junge aus: "Was! in Ihrem Alter? Ich hab das schon vor zwei Jahren beendet!" Als er mir diese Geschichte erzählte, bemerkte Einstein, wie sehr er diese Naivität und freimütigkeit bei Jugendlichen bewunderte."
 
* Peter A. Bucky "Der private Albert Einstein" Gespräche über Gott, die Menschen und die Bombe. Peter A. Bucky ist heute Präsident der "Bucky X-Ray International Ltd." in New York. Er hatte nahezu dreißig Jahre lang engen persönlichen Kontakt zu Einstein.
 
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